Rainer Juriatti, ein leidenschaftlicher Läufer, hat sich eine außergewöhnliche Aufgabe gestellt: er läuft 1.200 Kilometer quer durch Österreich. Sein Ziel ist nicht nur sportlicher Natur, sondern tief in einer persönlichen und bewegenden Mission verwurzelt. Juriatti ist der Initiator der "Sternenkinder"-Initiative, die sich für Eltern einsetzt, deren Kinder vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. „Manchmal sind es wenige Minuten. Dann ist Stille. Die Geburt eines Sternenkindes ist eine stille Geburt“, sagt Juriatti. Er und seine Frau Vera haben dieses Schicksal fünffach erfahren.
Die Stille durchbricht Juriatti mit seiner Initiative, die er gemeinsam mit seiner Frau seit zwei Jahrzehnten verfolgt. „Nach einer Zeit der Wüste und Stille und des Schmerzes, kam der Wunsch etwas aktiv zu tun“, erzählt er. Rainer und Vera sind nicht nur Sterneneltern, „wir haben auch das große Glück, zwei gesunde und erwachsene Kinder zu haben, unser Sohn ist Lateinprofessor und unsere Tochter Kunsthistorikerin“. Am Mittwoch, den 29. Mai, läuft Juriatti 37 Kilometer von Böheimkirchen über Lanzendorf, Au über Rekawinkel nach Purkersdorf ein und übernachtet im Gasthof Forthofer.
Unterstützung für Eltern von Sternenkindern
Juriatti ist nicht nur für sein Projekt tätig und passionierter Läufer, sondern auch Schauspieler und Autor. Der gebürtige Vorarlberger, lebt in Graz, arbeitet viel in Wien und schreibt derzeit an einem neuen Theaterstück.
Die Initiative „Mein Sternenkind“ unterstützt heute auf vielen Ebenen: psychologisch, mit Services, postklinischer Hilfe, etwa von Hebammen für Frauen mit Milcheinschuss nach der Geburt, mit Körpertherapieangeboten, Kooperationen und Kontakten, dem Einsatz für die Möglichkeit Sternenkindern einen Namen zu geben in der Geburtsurkunde, vielen Anlaufstellen, mit einer großen regelmäßigen Fachtagung und mit Sternenbildfotografie für trauernde Eltern.
Mit dem Investment von Unternehmer Philipp Maderthaner aus „2 Minuten, 2 Millionen“ von Puls 4 entstand zuletzt eine kostspielige und komplexe, interaktive Sternenkarte auf der Website, wo jeder der möchte, sein Sternenkind eingetragen kann.
Hartes Training für 1200 Kilometer
Vor einem Jahr entstand dann die aktuelle Idee: Der Lauf durch ganz Österreich – 1.200 Kilometer für die jährlich rund 12.000 Sternenkinder im Land. „Zunächst habe ich elf Monate hart trainiert“, berichtet er, „mit 15 Kilo schweren Sandsäcken, um das Gepäck zu imitieren. Meine Ärztin meinte, jeder Kilometer zählt bei dem Gewicht für 1,5 Kilometer. Seit 26. April kämpfe ich mich mit einem Wagen über Straßen, durch den österreichischen Dschungel, manchmal durch Schlamm und gar Bäche“, lacht er.
Seine Frau Vera unterstützt ihn unermüdlich im Hintergrund, pflegt die Social-Media-Kanäle und organisiert die Tour. Sie hat viele Gemeinden kontaktiert und so muss Rainer Juriatti aufgrund der Unterstützung nur eine einzige Übernachtung in 46 Tage selbst finanzieren.
Der Weg mit rund 30 Kilometern täglich ist über Google Maps einsehbar und führt durch viel Städte und Dörfer, wo Juriatti immer wieder auf spontane Unterstützer trifft. Auch einen Blog zu Juriattis Erfahrungen kann man lesen. Menschen stehen am Radweg, laufen ein Stück mit oder kleben kleine Sternchen auf seinen Wagen, den er hinter sich herzieht.
29. Mai: Juriatti läuft und übernachtet in Purkersdorf
Mit großem körperlichem Einsatz und Unterstützung von Sponsoren wie Intersport für die Bekleidung, geht es voran. Am Mittwoch, den 29. Mai, übernachtet Juriatti in Purkersdorf, im Gasthof Forthofer. „Es ist unglaublich, was Rainer Juriatti hier leistet. Wir freuen uns einen kleinen Beitrag für dieses Herzensprojekt zu leisten für die vielen Sternenkinder dieser Welt“, sagt Bürgermeister Stefan Steinbichler berührt.
Der 59-Jährige Juriatti möchte aber danach die Laufschuhe an den Nagel hängen, „mein Körper sagt es ist genug“. Die schönen Begegnungen am Weg stärken Juriatti. Eine Frau schickte ihm ein Bild und meinte, „dass mich hunderte kleine Sternenkinder wie Engerl weitertragen würden, wenn ich das lese, fühle ich mich gestärkt und laufe weiter.“
Berührende Begegnungen
Einige Menschen seien viele Kilometer mit ihm gelaufen. Eine andere Begegnungen beschreibt er berührend: „Eine Frau erzählte mir von ihrem Sohn, der vor wenigen Tagen mit 56 Jahren verstorben sei. Sie weinte und wir umarmten uns lange. Nach dieser kurzen Umarmung lächelte sie, und fragte, darf ich ein Sternlein kleben? Natürlich, meinte ich, auch ihr Sohn ist ein Sternenkind.“
Nach Purkersdorf geht es nach Wien am Stephansplatz, dann ist am 8. Juni der Grazathlon als Laufevent. Juriattis Engagement hat ihm bereits den Bank Austria Sozialpreis eingebracht, und die Resonanz in den sozialen Medien ist überwältigend.
Sein Lauf endet am 8. Juni beim GrazAthlon, doch seine Mission geht weiter. „Trauer kennt keine Zeit“, sagt Juriatti. „Wir möchten den Sternenkindern und ihren Familien eine würdige Stimme geben. Das nächste ist die Fachtagung am 4. Und 5. Oktober“, informiert er. Seine Reise durch Österreich ist eine beeindruckende Mischung aus persönlichem Einsatz, sportlicher Leistung und Mitgefühl.
Juriatti lacht trotzdem entspannt: „Es ist und war anstrengend, aber wunderschön. Es ist so unglaublich, wie toll die Menschen sind. Ich bin gar nicht müde, weil ich bekomme so viel Energie aus den vielen Begegnungen.“
Factbox (Link zu Blog und Website)
1.240 Kilometer Laufstrecke
ca. 10.000 Höhenmeter (lt. Komoot)
40 Etappen, 6 Ruhetage, täglich rund 30 Kilometer
Teilnahme LinzAthlon, Abschluss GrazAthlon
Start: 26. April 2024, dem Todestag seines Sohnes Pablo, einem seiner fünf Sternenkinder.
Ende: 8. Juni in Graz
Bilder: Rainer Juriatti am Weg (c) Juriatti/Mein Sternenkind