Am 22. Mai war der Vortragssaal im Bildungszentrum von Purkersdorf gut besucht. Christian Matzka, Gerhard Bürgmann und Andrea Czerny-Riess nahmen eine interessierte Schar von ZuhörerInnen mit auf eine spannende Reise zur Geschichte des Wienflusses im Raum Purkersdorf. Die Veranstaltung der Volkshochschule war der Auftakt der Reihe „Zeitreise Purkersdorf: gestern-heute-morgen“, zu der es jedes Semester es ein anderes Thema geben wird. Organisiert wird die neue Reihe mit viel Engagement von VHS-Leiterin Beatrix Kaukal, die leider gerade bei der Auftakt-Veranstaltung krankheitsbedingt nicht dabei sein konnte.
Mit seinen zahlreichen Zuläufen war und ist der Wienfluss im Ort präsent. Er entspringt im Kaiserbründl, am Fuß des Kaiserbrunnbergs im Wienerwald und führt dort den Namen „Dürre Wien“. Nach der Einmündung des durch Seitenbäche gespeisten Pfalzauer Bachs („Kalte Wien“) heißt er „Wienfluss“ oder kurz „Wien“. Nach 34 km Reise und der Überwindung von rund 400 Höhenmetern mündet er bei der Urania in Wien in den Donaukanal und die Donau. Dazwischen ist er Lebensraum für zahlreiche Tierarten und Erholungsgebiet für uns Menschen.
So beschaulich der Fluss auch an den meisten Tagen dahinfließt, bei ausdauerndem Starkregen kann aus dem idyllischen Bild ein dramatisches werden, zeigte Christian Matzka in zahlreichen Bildern. Das war nicht nur im vergangenen September so, sondern auch in zahlreichen Jahren davor: 2002, 1997, 1991, 1975 und 1970 – um nur die letzten Jahrzehnte zu nennen – gab es Hochwasseralarm. Andrea Czerny-Riess erzählte dazu von ihren Recherchen: „Im Juli 1785 berichtet die Stadtchronik von Purkersdorf, dass der Pfarrer nach einer kurzen Abwesenheit den Pfarrhof gänzlich weggeschwemmt vorfand. Es war nichts mehr von Haus zu sehen.“ Es waren die vielen Einzwängungen und Regulierungen nach Menschenwillen, die den Wienfluss bei Extremwetter zu einer „Wasserautobahn“ machen. Tatsächlich spricht man auch vom „Wildbacheffekt“, wenn er bei intensiven Regenfällen sofort stark anschwillt: Von der normalen Durchflussmenge von 0,2 bis 0,5 m3/Sekunde werden dann über 450 m3/Sekunde daraus. Die Wassermenge, die hier in einer Sekunde durchschießt, entspricht dem gesamten Wasserjahresverbrauch eines Haushaltes.
Von den historischen Nutzungen des Flusses zur Eisgewinnung, zum Betreiben von Mühlen, als Brauchwasser, für die Holzdrift und natürlich auch als Sammelstelle für die Abwässer ist nichts geblieben, ebenso wie von der skurrilen Idee, die Wien schiffbar zu machen, einen Anschluss ans Schwarze Meer herzustellen und Flusskreuzfahrten nach Bad Säckingen anzubieten. Daran erinnert heute nur noch eine Karte im Stadtmuseum.
Aber wer weiß, vielleicht wird ja bald wieder im Wienfluss gebadet, so wie einst in den vielen Flussfreibädern? Dem Fluss wieder mehr Raum und Wildcharakter zu geben, könnte ein Zukunftskonzept sein. Es würde Räume zum Auffangen der Wassermengen bei Hochwasser bringen, Biodiversität fördern und Erholungsräume für die Bevölkerung schaffen.